Fußballinfrastruktur in Wien – Aktuelle Entwicklungen und Diskussionen

Im folgenden Beitrag möchte ich mich näher mit der Wiener Fußballinfrastruktur beschäftigen. Wien ist zwar nach Berlin die zweitgrößte deutschsprachige Stadt der Welt, im Sportinfrastruktursektor hinkt sie vergleichbaren Großstädten jedoch zum Teil meilenweit hinterher. Diese Situation ist einer Metropole wie Wien unwürdig. Besonders im Fußballinfrastruktursektor besteht dringender Handlungsbedarf. Das Gerhard-Hanappi-Stadion im Westen von Wien zerfällt zusehends, die Generali Arena (früher Franz-Horr-Stadion genannt) ist auch kein Prunkstück und die Heimstätte der Österreichischen Fußballnationalmannschaft, das Ernst-Happel-Stadion, ist auch schon in die Jahre gekommen. Doch es verdichten sich die Zeichen, dass demnächst eine positive Richtung in diesem Bereich eingeschlagen wird. In den letzten Monaten wurde viel über die Sportinfrastruktur in Wien und in Österreich diskutiert. Es gibt nun konkrete Planungen, wie man die infrastrukturelle Situation in der Stadt verbessern könnte.

Heimstätten des SK Rapid und der Austria
wiensport

Rapid erhält eine neue Heimstätte

Beginnen möchte ich mit etwas Erfreulichem. Der SK Rapid wird in den nächsten Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit eine neue Heimstätte bekommen. Am Standort des baufälligen Gerhard-Hanappi-Stadions wird in Zukunft ein Neubau mit rund 24.000 Zuschauerplätzen entstehen. Am 6.7.2014 wird voraussichtlich das letzte Spiel im 37 Jahre alten Stadion stattfinden. Gegner wird der schottische Vorzeigeverein Celtic Glasgow sein. Danach übersiedelt Rapid für einige Zeit in das Ernst-Happel-Stadion. Die Gründe für den Stadionneubau sind vielfältig. Die Vereinsführung des SK Rapid Wien hat sich ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Der Verein möchte sich in Zukunft sportlich im Kreis der Top 50 Mannschaften Europas etablieren. Dazu ist es für Rapid u.a. notwendig sich infrastrukturell am europäischen Standard (z.B. mit mehr Zuschauerplätzen und mit attraktiven Räumlichkeiten für VIP’s) zu orientieren. Mit einem vergleichsweise teuren Umbau könnte Rapid nicht so große positive Effekte erzielen wie mit der nun gewählten Variante. Wie man einen Stadionumbau quasi in den Sand setzen kann, sieht man in Linz. Als abschreckendes Beispiel dient die um mehr als 20 Millionen renovierte  Linzer Gugl. Dort stehen die Verbesserungen der Infrastruktur in keiner Relation mit den getätigten Investitionen. Im Vorfeld hat die Klubführung von Rapid überlegt überhaupt ein neues Stadion auf einem neuen Standort zu errichten. Der Verein hat sich jedoch für den aktuellen Standort entschieden. In den letzten Jahrzehnten hat sich beispielsweise eine starke Identifikation mit dem Standort in Hütteldorf entwickelt und die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel mit S- und U-Bahn kann als nahezu ideal bezeichnet werden. Mehr Infos zur neuen Heimstätte des SK Rapid Wien werde ich liefern, wenn die konkreten Pläne vom Verein veröffentlicht wurden.

Austria Wien möchte das Stadion ausbauen

Neben Rapid möchte jetzt auch die Austria in ihre Infrastruktur investieren. Mit dem Erreichen der Champions League in dieser Saison wurde einiges an Geld in die Klubkassa gespült. Diese finanziellen Mittel sollen jetzt vorwiegend in die Verbesserung der bestehenden Infrastruktur investiert werden. Die Austria aus Favoriten hat ebenfalls erkannt, dass für eine Weiterentwicklung des Vereins das Stadion samt Umfeld ausgebaut werden muss. Im Gegensatz zu den Plänen von Rapid wird es bei der Austria keinen Neubau am aktuellen Standort geben, sondern einen Umbau bzw. Ausbau. Die Vereinsverantwortlichen des FAK arbeiten hinter den Kulissen bereits eifrig an einem weiteren Ausbau des Stadions. Die Austria bemüht sich seit Jahren die nicht gerade attraktive Infrastruktur baulich zu verbessern. Im Jahr 2008 wurde um ca. 10 Millionen Euro eine neue Osttribüne mit mehr als 4.000 Zuschauerplätzen auf die Beine gestellt. In dieser Tribüne wurden zudem ein Museum, ein Megastore und ein Cafe/Pub sowie Büros integriert. Die damaligen Investitionen brachten zwar eine Verbesserung des Stadions mit sich, die Attraktivität der Generali Arena hält sich jedoch weiterhin in Grenzen. Glaubt man Medienberichten, dürften die Planungen für den weiteren Ausbau des Stadions bereits weit fortgeschritten sein. Im Raum stehen ein Neubau der Nordtribüne, eine Aufstockung der Westtribüne und diverse andere Adaptierungen. Die zukünftige Zuschauerkapazität soll sich im Bereich zwischen 17.000 und 20.000 bewegen. Für die geplante Umbau-Saison 2015/2016 wurde bereits das Happel-Stadion angemietet. Neben den Stadionplänen soll auch das Umfeld der Arena aufgewertet werden. Hier soll in naher Zukunft der sogenannte Viola Park entstehen, aus stadtplanerischer Sicht ein sehr interessantes Projekt, bei der die Austria ein Akteur von mehreren ist. Dabei handelt es sich um ein Stadtentwicklungsprojekt mit neuen Wohnungen, Bildungseinrichtungen, einer Tiefgarage, einer geplanten  Ballsport-Akademie und weiteren Einrichtungen. Bis 2017 soll es darüber hinaus auch einen Anschluss an die U-Bahn geben. Sollten alle erwähnten Projekte umgesetzt werden, steht einer positiven Entwicklung des Vereins nichts im Wege.

Ernst-Happel-Stadion
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Quelle: Peter Gugerell/Wikimedia

Neues Stadion für Österreichs Fußballnationalmannschaft?

Nun kommen wir zum größten Stadion Österreichs, dem Ernst-Happel-Stadion, im Wiener Prater. Es fasst an die 50.000 Zuschauerplätze und ist die Heimat der Österreichischen Fußballnationalmannschaft. Bei der EURO 2008 in Österreich und der Schweiz war das Stadion Spielort des EM-Finales zwischen Spanien und Deutschland. Im Rahmen der Vorbereitung auf die Heim-EURO wurde zwar in die Infrastruktur investiert, doch jetzt sechs Jahre später mehren sich kritische Stimmen, was die Renovierung des Stadions betrifft. Viele meinen, dass im Zuge des Sportgroßereignisses eine Riesenchance vergeben worden ist, ein modernes attraktives Stadion in Wien zu errichten. Somit reduziert sich die Möglichkeit in nächster Zeit EM-Spiele oder ein Europacup-Finale in Wien auszurichten auf ein Minimum. Das Stadion entspricht nicht mehr den gehobenen Ansprüchen der UEFA und es kommt noch dazu, dass die Stadionkonkurrenz aus anderen Nationen immer größer wird. ÖFB-Präsident Windtner spricht sich offen dafür aus, ein modernes Nationalstadion mit ca. 60.000 Zuschauerplätzen zu bauen. Ob es sich dabei um einen kompletten Neubau oder eine Renovierung handeln soll, ließ er offen. Die Gespräche mit politischen Entscheidungsträgern und relevanten Institutionen laufen. Aber so realistisch muss man sein, vor 2020 wird es wohl kein neues Nationalstadion geben. Was darüber hinaus noch erschwerend dazukommt ist, dass das Ernst-Happel-Stadion unter Denkmalschutz steht.

Abschließend lässt sich sagen, dass die zukünftigen Investitionen in die österr. Fußballinfrastruktur von großer Bedeutung für die Weiterentwicklung des österreichischen Fußballs sein werden. Seit der Fußball-WM 2006 in Deutschland nimmt nämlich der Stellenwert der Infrastruktur immer weiter zu. Viele Länder haben dies erkannt und in den letzten Jahren kräftig in die Infrastruktur investiert (v.a. Deutschland, Skandinavien, Schweiz oder auch osteuropäische Länder). Das Nachbarland Ungarn wird beispielsweise 2014 mit dem Bau eines Nationalstadions mit 65.000 Zuschauerplätzen beginnen. In Österreich hat man leider die Entwicklung leider ein wenig verschlafen und ist deshalb in diesem Bereich ins Hintertreffen geraten. ÖFB-Präsident Windtner ist sich dessen bewusst und betonte in den letzten Monaten immer wieder, wie wichtig die Verbesserung der Sportinfrastruktur ist.  

Es folgen einige Zitate, die Windtner zu diesem Thema geäußert hat:

„Wir stehen bei weitem nicht dort, wo wir uns es angesichts der Heim-EM 2008 gewünscht hätten. Am Thema eines Nationalstadions kommen wir auf keinen Fall herum“ (Laola1.at)

Wir mussten unsere Bewerbung für die EM2020 zurückziehen, da wir mit dem Ernst-Happel-Stadion nicht mehr in eine Bewerbung gehen konnten. Das Stadion wurde für die EURO 2008 nochmals aufgerüstet, aber mittlerweile gibt es in vielen Ländern Europas so tolle Arenen, dass wir – wenn wir nicht ein neues Nationalstadion bauen – auf lange Sicht keine internationalen Endspiele mehr in unserem Land haben werden und wir uns auch nicht mehr für größere Veranstaltungen bewerben können.  In Kombination mit den Großklubs in Wien, mit modernen Konzepten und Finanzierungsmodellen müsste es möglich sein, ein  Nationalstadion zu bauen. Ich möchte jetzt nicht den Klassenkampf mit der Kultur beginnen, aber für die Errichtung von kultureller Infrastruktur wie Musikhäuser sind die Budgets offener. Da hat der Sport noch Aufholbedarf. Es darf nicht sein, dass wir aufgrund mangelnder Sportinfrastruktur international als Sportland vollkommen  an Bedeutung verlieren.“  (1911aktuell.at)

„Wir brauchen einen Infrastruktur-Schub. Vorbild ist das neue Hanappi-Stadion von Rapid“ (nachrichten.at)

zu den österr. Bundesliga-Stadien der Zukunft: „Es sollten moderne Arenen sein, in denen sich Spieler, Zuseher und Medien wohl fühlen und entsprechende Bedingungen vorfinden. Solche Arenen müssen auch attraktiv für Sponsoren sein und Anreize für Investitionen bilden.“ (nachrichten.at)

Auch im Blog-Eintrag vom 28.September 2013 findet sich ein Zitat:

Die Bewerbung für die EURO 2020 scheint aufgrund der schlimmen Stadion-Situation in Österreich ein hoffnungsloses Unterfangen. Ohne Neubau des Happel-Stadions droht ein jahrzehntelanger Stillstand.

Ein UEFA-Funktionär sagte mir auf einer Tagung, dass das Happel-Stadion in den letzten Jahren durchaus einige Schönheitsoperationen verpasst bekommen habe, aber es wäre immer eine alte Dame geblieben. Ich kann durchaus sagen, dass wir von der Politik sehr oft in diese Richtung abgefertigt wurden: Zuerst schaut’s, dass Erfolge eingespielt werden, dann werden wir die Infrastruktur schaffen. Das ist sicherlich die falsche Herangehensweise. Ich verweise nur auf die Schweiz und Basel, wo gute Infrastruktur sportliche Erfolge ausgelöst hat. Daher wäre es in Österreich notwendig, dass man – so wie in der Kultur – von Zeit zu Zeit echte Zeichen setzt in der Infrastruktur. Als ÖFB können wir ein derartiges Projekt nicht alleine auf die Beine stellen. (Sportwoche-Zeitung)

Es bleibt zu hoffen, dass er mit seinen Aussagen Politik und Funktionäre überzeugen bzw. wachrütteln kann und damit in weiterer Folge eine positive Entwicklung in diesem Sektor eingeleitet wird. Die Investitionen in die Stadien der Austria und von Rapid können schon mal als starkes positives Signal in diese Richtung gewertet werden.